Elke Windisch: Zentralasien. Politische Reisereportagen

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Description

Elke Windisch:
Zentralasien. Politische Reisereportagen

2. überarbeitete Auflage 2010
300 Seiten, Klappenbroschur
ISBN: 9783935597807

Hätte Kurt Beck dieses Buch dereinst vor seinem Afghanistanbesuch gelesen, wäre ihm sicher die peinliche Blamage mit den »moderaten Taliban« erspart geblieben. Immer noch sind die fundierten Informationen aus dem politischen und geografischen Raum zwischen Iran, Kaukasus bis zum Hindukusch spärlich gesät. Sensationsberichterstattung und politische Fehleinschätzungen stiften mehr Verwirrung als dass sie zu einer realistischen Beurteilung dieser brisanten Weltgegend beitragen.

Elke Windisch gehört zu den wenigen Berichterstattern, die nicht nur in der Lage sind, sich ohne Dolmetscher mit den Menschen in der Region zu verständigen und überzeugende politische Analysen zu liefern. Sie hat auch einen mitfühlenden Blick für die Opfer repressiver Regimes und einer scheinheiligen Politik des Westens. Allein oder mit ihrem Filmteam unternahm sie seit über 10 Jahren zahlreiche abenteuerliche Reisen durch die ehemaligen Sowjetrepubliken und Afghanistan. Die »rasende Reporterin« porträtiert mutige Frauen in Turkmenistan, moderne Piraten am Kaspischen Meer, islamische Untergrundkämpfer und afghanische Kriegsfürsten, Fischer am sterbenden Aralsee, Schatzsucher, deutsche Entwicklungshelfer und tadschikische Flüchtlinge im Kugelhagel zwischen den Fronten. Sie lässt die Menschen selbst zu Wort kommen. Eingebettet sind die Geschichten in die Geschichte von den frühen Völkerwanderungen, den Eroberungen Alexander von Makedoniens und der Araber, der Lehre Zarathustras und dem Kampf um soziale Gerechtigkeit, russischer und britischer Kolonialpolitik bis zu dem Machtgerangel zwischen den USA, Russland und der EU um Einflußsphären und Rohstoffe und nicht zuletzt den unbeherrschbaren »War on Terror«. Wer sich einen fundierten und spannend geschriebenen Überblick über diese Unruheregion verschaffen will, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Politikern aller Coleur kann man nur empfehlen, statt markige Sprüche zu klopfen, die Analyse einer Insiderin zur Kenntnis zu nehmen. Nach zehn Jahren (2020) haben Windischs Prognosen weitestgehend bestätigt, der unbeholfene Umgang der europäischen und amerikanischen Politik mit der Region geht weiter.

Book Details

Autor

Elke Windisch, Jahrgang 1951, studierte Iranistik, Turkologie und Slawistik an der Humboldt-Universität zu Berlin, arbeitete danach als freie Autorin und Übersetzerin und absolvierte eine Ausbildung beim Film. Seit 1992 ist sie als ständige Rußland-Korrespondentin für mehrere große deutsche und österreichische Tageszeitungen, Analystin für Zentralasien und freie Autorin für deutsche Sendeanstalten tätig. Sie hat über 20 Filme für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gedreht, darunter »Bei den letzten Feueranbetern im Pamir«, »Usbekistan – in der Wüste des Roten Sandes« und »Wasser für Anahita«. Sie veröffentlichte u.a. »Totengräber vom Oxus« als Begleitbuch zur ZDF-Reihe »Jäger verlorener Schätze«.

Leseprobe

Nicht ein einziges Mal während dieser zwanzig Jahre in der Steppe hatte Siwy Sagriwok Derartiges mit ansehen und mit anhören müssen. Auch kein anderer hatte Derartiges mit angesehen oder mit angehört. Jetzt konnte der Pristaw bei keinem auch nur eine Spur von Zweifel entdecken. Die Schwarzmützen kamen in Bewegung, drängten vorwärts, bedrängten den Urjadnik und die schmale Kette der Kosaken und berittenen Soldaten, der Dolmetsche und Angestellten. Hier und dort wurden braunhäutige Fäuste über dem Kopf geballt, überall fielen derbe Flüche. Der Kanzlei, von drei Seiten umzingelt, ging es an die Gurgel.

Auf die kleine staubige Wiese, wo Turlygosha stand, trat ein grauhaariger, barfüßiger Mann in geflicktem Tschapan, einen mageren Ochsen am Geschirr führend. »Wer unsere Dshigiten hergeben will«, sagte er, »bekommt das zu kosten.« Er zog ein langes Messer mit schwarzem Griff und blitzender Klinge unter seinem Gewand hervor. Und hielt es dem Pristaw hin. Turlygosha faßte den Bettelarmen um die Schultern. Auch andere umarmten ihn. Der Pristaw stand da, halb tot, halb lebendig, tat aber, als lasse ihn alles kalt.

Presse

»Wer trotz der zahlreichen Abwege durchhält, wird belohnt mit einer Fülle von Informationen, die eine bessere Draufsicht auf die Region ermöglichen. Zusammenhänge werden deutlicher, weil der Blick hinter die Kulissen zum Beispiel enthüllt, dass die Gesellschaften jenseits des Hindukusch und Tienschan weniger von staatlichen Strukturen bestimmt sind, denn von den mächtigen Clans. Die folgen eigenen Gesetzen und Traditionen, oft sogar einer speziellen Auslegung ihrer Religion, was es Fremden, noch dazu aus modernen westlichen Gesellschaften, schwer macht, die Regeln dieser Gemeinwesen zu durchschauen. Der Autorin gelingt, beim Leser einen erstaunlichen Erkenntniswandel zu bewirken. Der oder die fragt sich nach der Lektüre nämlich nicht mehr, wann die mit Konfliktstoff überladenen Länder explodieren, sondern wundert sich, dass dies nicht längst geschehen ist.« Sabine Adler, Deutschlandfunk, 2007

»Mal andächtig, mal zärtlich, mal zynisch: Elke Windisch hat ihren ganz eigenen Stil. Immer besonnen und professionell, sind ihr über die Jahrzehnte als Journalistin weder Witz noch Selbstironie verloren gegangen." Journal von Amnesty International, Februar 2008

Author

Elke Windisch